Tuesday, October 30, 2007

Der braune Elefant

Als Praktikant arbeitet man bekanntlich für einen sehr geringen Lohn, auch "Nulltarif" genannt. Wie bereits erwähnt ist Chicago eine teure Stadt; will man sich also die eine odere andere Sehens- würdigkeit leisten, sollte man seine Mäuse schön zusam- menhalten und nicht gerade für kostspielige Kleidung auf der magnificent mile ver- lieren. Da kommt einem ein Laden wie "the brown elephant" gerade richtig. "The brown elephant" ist nämlich ein Gebrauchtwarenladen für alles - Kleidung, Bücher, Schallplatten, CDs, Möbel und andere Überraschungen. Natürlich gibt es diverse Trödelmärkte und Altwarenhändler auch in Deutschland an jeder Ecke, aber eine Verkaufshalle in dieser Größe und mit der Ware in solch ausgezeichneter Qualität findet man in Leipzig nirgends.

"The brown elephant" gibt es in Chicago gleich viermal: 3651 N. Halsted Street, 5404 N. Clark Street, 1459 N. Milwaukee und 217 Harrison, Oak Park. Und das Beste: Alle Läden haben von Montag bis Sonntag, von 11 bis 18Uhr geöffnet. Gegründet wurde die Gebrauchtwarenkette von Howard Browns* Gesundheitszentrum, das sich besonders für homo-, bi- und transsexuelle Menschen einsetzt. Das bedeutet natürlich nicht, dass auch nur Menschen mit diesen speziellen Neigungen in den Läden erwünscht sind oder dass die Läden nur Artikel speziell für diese Gruppen im Angebot haben. Willkommen ist jeder mit Kleingeld und jeder findet auch was nach seinem Geschmack.

Wer etwa zu legerer Alltagskleidung neigt wird ebenso fündig wie Leute, die eine Vorliebe für Flanelhemden und Kordhosen haben. Kleider und Pullover gibt es in allen Formen und Farben und auch wer mit einem Laster für Hawaiihemden und Denim behaftet ist, wie zum Beispiel der Verfasser dieser Zeilen, kann im braunen Elefanten Stunden verbringen. Und viele der angebotenen Kleidungsstücke sind brandneu, wurden also noch nie getragen. Wie das passieren kann? Eine Verkäuferin erklärt es mir: "Die Amerikaner sind ver- rückt nach Konsum! Sobald irgendwo etwas angeboten wird, kau- fen sie ein und lagern die Klamotten in ihren Schränken. Der näch- ste Ausverkauf lässt nicht lange auf sich warten und schon hamstern sie wieder. Irgendwann ist in den Schränken kein Platz mehr und sie bringen die ältere, aber meist noch ungetragene Ware zur Heilsarmee, diese bringt sie dann zu uns und wir verkaufen das Zeug günstig an Bedürftige oder alle, die kein Problem mit Ware aus zweiter Hand haben." Dann ist es natürlich auch kein Wunder, dass man jedes T-Shirt für drei Dollar, jedes Hemd für fünf Dollar und jede Hose für gerade mal acht Dollar bekommt - gleich welcher Marke, gleich welcher Qualität. Das ist Rekord! Und auch die Preise für Bücher und Musik bleiben in ähnlicher Klasse: Ein Dollar für eine Platte, für eine CD und für ein Buch.

Natürlich ist es auch ein besonderes Erlebnis Chicagos kilometerlange Prachtstraßen, wie zum Beispiel die Michigan Avenue, entlang zu schlendern und in luxuriösen Modehäusern die neuesten Kreationen aus aller Welt zu bekommen. In diesen kann man auch die beinah religiöse Liebe beobachten, die die meisten Amerikaner zu ihren riesigen Einkaufstempeln hegen und die sie dazu treibt, diese sogar öfters als ihre eigentlichen Kirchen zu besuchen. In Scharen frönen die Menschen in jenen Malls mit vollgepackten Taschen ihrer Freude am first-hand shopping. Jedoch sollte der Besucher Chicagos auch wenigstens einmal die second-hand shops durchstöbern und er wird dabei nicht nur schöne Sachen zu schönen Preisen entdecken, sondern auch merken, dass der braune Elefant wesentlich mehr Charme besitzt als seine überteuerten Brüder in der Innenstadt.

*
Howard Brown ist der Gesundheitsminister der Midwest lesbian, gay, bisexual, and transgender (LGBT) organization und befasst sich damit, seine Region über die Gesundheitsversorgung der LBGT-community umfangreich zu informieren.

Monday, October 29, 2007

Treppenwitz

Für das Erreichen des ersten Stocks ist in den USA weniger Atem von Nöten als in Deutschland. Und wenn sich ein Deutscher endlich in den zweiten Stock hochgeschnauft hat, befindet sich der Amerikaner längst im 3rd floor. In Amerika beginnt man mit dem Zählen der Stockwerke nämlich bereits im Erdgeschoß, das demnach als 1st floor bezeichnet wird.

Amerikanische Verkehrsregeln

Ein Monat Leben in Chicago, dreißig Tage Aufenthalt in Amerika. Einiges gibt es, was den Besucher von Außerhalb weiterhin zum Schmunzeln bringt. Neben speziellen Schildern zum Schutz der älteren Gemeindemitglieder wäre da auch die Ungeduld amerikanischer Verkehrsteilnehmer an einer Ampelkreuzung. Wenn das Ampellicht von rot auf grün springt und Fahrer Nummer eins unter den Wartenden dann nicht rechtzeitig in die Gänge kommt - er darf sich des Mitgefühls eines jeden Passanten sicher sein. Denn es schlägt dem Piloten der Startposition, wie übrigens auch den umstehenden Fussgängern, sogleich ein dröhnendes Hupkonzert aus den Cockpits der nachfolgenden Wagen um die Ohren. Die Amerikaner müssen ihre Tröten wirklich lieben, denn selbst wenn der arme Teufel auf Platz eins bereits bei gelb zu rollen beginnt, ist das vielen Piloten auf den hinteren Plätzen immer noch zu langsam. Panisch schlagen die eiligen Fahrer auf ihr Horn ein als litten sie an Inkontinenz und gleich sei es für alles zu spät. Gehupt wird übrigens nicht nur an Kreuzungen. Des öfteren wurde ich schon Zeuge gewagter Wendemanöver und schnittiger Lückensprünge, die in Zusammenstoss und Blechschaden endeten. Und was hörte der Fussgänger wohl noch vor dem Quietschen der Reifen? Genau, ehe einer der beteiligten Autofahrer seine Geschwindigkeit mittels Bremsen drosselte, und einen Unfall zu verhindern gewillt war, wurde erst mal in hohem Ton das Vorfahrtsrecht eingehupt.

Ich selbst besitze kein Auto und benutze daher weiterhin die CTA-Züge. Eine Hupe ist bei diesem Verkehrsmittel nutzlos, die Züge fahren wann sie wollen. Aber das ist man als Deutscher schon von seiner Bahn gewohnt. Obwohl die "Überraschungen" der blauen Linie in Chicago selbst die Schaffner zu Hause beeindrucken dürften. Mich beeindruckt aber vor allem der zusätzliche Kundendienst an Bord der CTA-Züge. Ohne nämlich dafür extra bezahlen zu müssen, bekomme ich mit jeder Fahrt, Tag für Tag, eine Unterrichtung in Sachen guten Benehmens. Denn kaum hat man seinen Sitzplatz eingenommen, der Zug ist in Fahrt gekommen und peilt die nächste Haltestelle an, da ertönt wie aus dem Nichts eine Maschinenstimme und weist die Passagiere auf das gewünschte Verhalten im Abteil hin. Streng und doch freundlich werden die Gäste gebeten, während der Fahrt auf ihr leibliches Wohl zu verzichten und somit nicht zu essen und nicht zu trinken. Auch alles was Spaß machen könnte, wie etwa Musik, Rauchen und Glücksspiel, wird gleich danach verboten. Es folgen Hinweise zur Sicherheit ("Stehende Passagiere lehnen sich bitte nicht an die Türen") und zum Umgang mit Schwächeren ("Bitte überlassen sie die Plätze Menschen mit Behinderungen"). Nicht auszudenken, was wohl in den einzelnen Abteilen ohne den elektro- nischen Herrn Knigge abgehen würde. Meine Lieblingsdurchsage ist jedoch der Hinweis auf suspicious activity. Darauf aufmerksam gemacht vergeht die Reise viel zügiger. Denn nun schaue ich mir jeden Fahrgast haar- genau an und bin auf der Suche nach jenen "verdächtigen Handlungen", die es sofort dem Schaffner zu vermelden gäbe. Die Leipziger Straßenbahn hat übrigens eine ähnliche Stimme im Angebot. Gottseidank beschränkt sich diese aber auf das Aufsagen der nächsten Haltestelle (wenn auch gleich ganz weltmännisch in drei Sprachen).

Thursday, October 4, 2007

Dollar versus Euro

Hier ein kurzer Vergleich der zwei Währungen: In Deutschland, sowie in 17 anderen europäischen Ländern, ist der Euro das momentane Zahlungsmittel. Auch heute noch, sechs Jahre nach Einführung, hat man das Gefühl mit den bunten Scheinen doch eigentlich Spielgeld in seinen Händen zu halten. Das tägliche Handeln mit dem Fünfer bis hin zum Fünfhunderter (habe ich selbst noch nie gesehen) erinnert schon ein bisschen an Monopoli. Dabei zeigen die farbenfrohen Motive eigentlich verschiedene Zeitalter und Baustile in Europa. Es sind keine realen Bauwerke abgebildet, sondern es wurden die Stilmerkmale der einzelnen Epochen in eine typische Abbildung eingebracht: Klassik auf dem 5-Euro-Schein, Romantik auf dem 10-Euro- Schein, Gotik auf dem 20-Euro-Schein, Renaissance auf dem 50- Euro-Schein, Barock und Rokoko auf dem 100-Euro-Schein, Eisen- und Glas- architektur auf dem 200-Euro- Schein und Moder-
ne Architektur des 20. Jahrhunderts auf dem 500-Euro-
Schein.

Der amerikanische Dollar, zur Zeit ein bisschen schwach auf dem Weltmarkt, bleibt durchgängig grün. Die Scheine, alle bedruckt mit einem amerikanisch- en Präsidenten, fan- gen hier schon bei einem Dollar an. Das finde ich ein bisschen umständlich, da Münzen in diesem Bereich wohl weitaus angebrachter wären. Angeblich investieren die USA Unsummen in den Neudruck von Ein-Dollar-Noten, da diese durch ihren häufigen Gebrauch sehr schnell abgenutzt sind. Das amerikanische Volk, so schrieb es ein Artikel, verweigere sich aber der Ein-Dollar-Münze vehemmend. Tja, da kann man wohl nichts machen. Ich ärgere mich aber dennoch, wenn der Fahrscheinautomat meinen zerknitterten und flattrigen Ein-Dollar-Schein nicht annehmen will, mir die entsprechenden Quarter (die Viertel- Dollar-Münzen) fehlen und der Zug ohne mich abfährt.